Die Ruinen von Tintern Abbey heben sich seit 1131 wunderschön gegen die grünen, bewaldeten Täler des Wye ab. Auch wenn der Dachstuhl heute komplett fehlt, lebt in diesem Meisterwerk mittelalterlicher Architektur der Geist des Zisterzienserordens weiter.
Direkt am westlichen Ufer des River Wye, also auf walisischer Seite, inmitten von grüner Landschaft liegt diese beeindruckende Abteiruine. Obwohl die Straße nach Chepstow direkt an der Abtei vorbeiführt und das kleine Dorf Tintern daneben liegt, kann man hier immer noch das Gefühl der Isolation spüren, die für Zisterzienserklöster so typisch ist.
Tintern Abbey ist nach Waverly Abbey die zweite Klostergründung der aus Frankreich stammenden Zisterziensermönche in Großbritannien und die erste in Wales. Die Abtei wurde von Walter de Clare, dem Herrn von Chepstow, am 9. Mai 1131 gestiftet.
Nach Fertigstellung der ersten Gebäude 1136 wuchs die Klostergemeinschaft schnell und machte immer wieder Erweiterungen notwendig. So kamen im späten 12. Jahrhundert der Mönchsschlafsaal und die Latrinen über dem Abfluss im Osten hinzu. Die Ländereien der Abtei, die auf beiden Seiten des Wye lagen, waren in Einheiten (granges) eingeteilt, auf denen Laienbrüder arbeiteten. Es gab auch einige Landgüter, eine Mühle und eine Schmiede, die den Wohlstand der Abtei immer weiter vorantrieben.
Dieser Wohlstand, aber auch wohlhabende Gönner, führten im 13. Jahrhundert zu umfangreichen Erweiterungen und einem fast kompletten Neubau der Abtei. Neben den Klostergebäuden, dem Kreuzgang und den Wohnräumen der Mönche wurde 1269 mit dem Bau einer neuen und größeren Klosterkirche im gotischen „decorated style“ begonnen. Die Kirche in Kreuzform mit Mittelschiff, 2 Seitenschiffen mit je 2 Kapellen und Chorraum wurde 1301 fertiggestellt.
Tintern blieb in den ständigen kriegerischen Auseinandersetzungen des Mittelalters neutral und konnte so seinen Wohlstand immer weiter vergrößern. Allerdings wurde durch die Pestepidemie von 1349 vor allem die Anzahl der Laienbrüder stark dezimiert. Zudem zerstörten die Truppen von Owain Glyndwr Anfang des 15. Jahrhunderts Teile des Klosters. Trotz dieser Schicksalsschläge konnten die Brüder die Abtei wieder aufbauen – wobei auch die im Kloster aufbewahrte Marienstatue beitrug, die Pilger und deren Spenden anlockte und die heute im Südgang der Abtei steht.
Als im Jahr 1536 das Kloster, in dem neben Abt Wyche noch 12 Chormönche und etwa 35 Laienbrüder lebten, durch König Henry VIII. aufgelöst wurde und auch noch das Bleidach abgebaut und verkauft wurde, verfiel die Abtei zusehends.
Die von der Natur überwucherte Ruine wurde erst Ende des 18. Jahrhunderts wiederentdeckt – als beliebtes Motiv wurde sie bei Malern wie Thomas Gainsborough oder William Turner und Dichtern wie William Wordsworth beliebt. Auch die Eröffnung der Eisenbahn brachte immer mehr Ausflügler in das abgelegene Tal. Die nationale Bedeutung von Tintern Abbey wurde 1901 von der britischen Krone erkannt, die die Ruine kaufte und bis 1928 restaurierte.
Heute wird Tintern vor allem wegen der Kirche besucht, die – bis auf das Dach und die Glasfenster – noch erstaunlich komplett ist und die besterhaltene Kirchenruine in Wales ist. Sie ist aus lokalem Sandstein erbaut und knapp 70 Meter lang, das Querschiff misst gut 45 Meter. Das aufwendig gestaltete Maßwerk in der dreigeteilten Westfassade mit dem riesigen, in 7 lanzenartige Felder aufgeteilten Hauptfenster ist reich dekoriert und noch fast vollständig erhalten. Fensterbögen und Wände, vor allem im Refektorium, besitzen dekorative Details und die Säulenstümpfe im Inneren der Kirche geben einen guten Eindruck der ehemaligen Aufteilung. Vom Gästehaus nördlich der Kirche und den Außenmauern der Abtei sind nur noch wenige Reste erhalten, auch vom Wassertor, das zum Fluß führte, sind neben dem Anchor Inn nur noch Reste vorhanden.
Seit 1984 wird Tintern Abbey von Cadw verwaltet. Im Eintrittspreis ist ein Audioguide enthalten.
Lage: Tintern Abbey, Tintern, Chepstow, Monmouthshire NP16 6SE (nördlich von Chepstow über die A466)